WESTERWALD. Der Ratssaal der Verbandsgemeindeverwaltung Hachenburg war am Mittwoch, den 31. Januar, mit knapp 80 Personen bis auf den letzten Platz gefüllt. Eingeladen hatten unter dem Dach der "Wir Westerwälder-Initiative" die drei Wirtschaftsförderungen der Landkreise Altenkirchen, Neuwied und dem Westerwaldkreis sowie die Verbandsgemeinde Hachenburg. Thema der Veranstaltung war die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland. Die hohe Teilnehmerzahl dürfte ein Beleg dafür sein, wie stark der Fachkräftemangel die Unternehmen belastet. Mehr und mehr stellt sich heraus, dass die Bemühungen der Unternehmen zur Gewinnung von Fachkräften nicht genügend fruchten. Das Bauzaunbanner oder die LKW-Beschriftung zur Anwerbung neuer Auszubildender oder Mitarbeiter reichen oft nicht mehr aus, um den Bedarf abzudecken. Der Grund liegt auf der Hand. Eine hohe Nachfrage der Unternehmen trifft auf ein geringeres Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Und mittel- bis langfristig dürfte sich dies, trotz des Einsatzes von z. B. Künstlicher Intelligenz oder der Steigerung der Frauenerwerbsquote nicht ändern. Die demographische Entwicklung, die statistisch gesehen relativ gut vorherzusagen ist, zeigt nur in eine Richtung. Nach unten. Wir werden älter und weniger. Die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Risiken sind mittlerweile konkret spürbar und keine Zukunftsmusik mehr. Wie also damit umgehen? Antworten darauf lieferten die Fachvorträge der eingeladenen Referenten. Die Fachvorträge im Überblick:
1. Das Fachkräftenetzwerk der Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen
Die Wirtschaftsförderung des Landkreises Altenkirchen hat ein Portal entwickelt (www.fachkraefte-ak.de), auf dem Unternehmen aus dem Landkreis Altenkirchen ihre Anfrage nach Fachkräften aus dem Ausland platzieren können. Ein Algorithmus gleicht die Anfrage anschließend mit den aktuell 24 registrierten Personaldienstleistern ab und schlägt passende Anbieter vor. Die Unternehmen können dann entscheiden, über welchen Personaldienstleister sie ausländische Fachkräfte rekrutieren möchten. Im Falle eines Vertragsabschlusses gewähren die Personaldienstleister den heimischen Unternehmen einen individuellen Rabatt, da die Vermittlung über das Portal erfolgte. Im Rahmen der Veranstaltung teilte Lars Kober, Leiter der Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen mit, dass am Tag der Veranstaltung die erste Vermittlung einer Fachkraft aus Spanien in den Landkreis Altenkirchen über das Portal gelungen sei. „Wir gehen davon aus, dass die Nutzung des Portals in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. Insbesondere dann, wenn unsere Unternehmen erkennen, dass die lokalen Anwerbungsbemühungen nicht mehr ausreichen, um den Fachkräftebedarf zu decken“, so Kober.
2. Mit „zubee“ Azubis gewinnen
Reiner Rudolphi, Geschäftsführer der rema Fertigungstechnik GmbH, stellte das Projekt "zubee" vor. Das Projekt ist eine Initiative, die Lösungen für den Fachkräftemangel in der technischen Ausbildung anbietet. Sie vermittelt junge Menschen aus Ruanda, die eine internationale Studien- und Berufsbildung haben, an deutsche Ausbildungsbetriebe. "Zubee" begleitet die Bewerber und teilnehmenden Unternehmen von der Vorbereitung in Ruanda bis zur Integration in Deutschland. Die Ausbildungsbetriebe profitieren von motivierten und qualifizierten Fachkräften, die ihre Zukunftsperspektiven verbessern. Um an dem Projekt teilzunehmen, können sich interessierte Unternehmen auf der Website www.zubee.de informieren.
3. Erfahrungsbericht der Karl Georg GmbH mit Fachkräften aus Ruanda
Personalleiter Michael Gulden und Ausbildungsleiter Mario Bender teilten ihre Erfahrungen mit Auszubildenden aus Ruanda. Beide sind bei der Karl Georg GmbH (Ingelbach) beschäftigt, die bereits drei junge Menschen, u.a. über das Netzwerk zubee von Herrn Rudolphi, rekrutiert haben. Aufgrund der positiven Erfahrungen will man den eingeschlagenen Weg fortführen und auch zukünftig mit "zubee" zusammenarbeiten.
4. Das Projekt "HabiZu" der Handwerkskammer Koblenz – Handwerker aus Bosnien und Herzegowina gewinnen
Ann-Kathrin Maaß von der Handwerkskammer Koblenz stellte die Ergebnisse des Pilotprojektes "HabiZu" (= Handwerk bietet Zukunft) vor, was vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wurde. Das große Ziel hinter dem dreijährigen Projekt war, Handwerker aus Bosnien und Herzegowina für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen und gleichzeitig das im März 2020 eingeführte Fachkräfteeinwanderungsgesetz in der Praxis zu erproben. Die Ergebnisse des Projektes flossen in die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetz, die schrittweise in 2024 weiter erfolgen sollen, mit ein.
5. Vereinsarbeit als Werkzeug für eine erfolgreiche Integration
Den Abschluss der Fachvorträge machte Peter Klöckner, ehemaliger Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hachenburg und stellv. Vorstandsvorsitzender des Partnerschaftsvereins Rheinland-Pfalz/Ruanda e.V. Klöckner stellte die Vereinsaktivitäten vor und ermutigte die anwesenden Unternehmen, sich intensiver mit dem Land Ruanda zu beschäftigen. Menschen aus Ruanda für den heimischen Arbeitsmarkt zu gewinnen, sei aus verschiedenen Gründen eine gute Wahl. Sie seien hoch motiviert, gebildet, lernwillig und aufgrund ihrer Wertevorstellungen gut integrierbar.
Das Schlusswort gehörte Marco Dörner, dem Ersten Beigeordneten der Verbandsgemeinde Hachenburg, der die Veranstaltung moderierte und sich bei den Zuhörern für ihr Kommen bedankte.
Freuten sich über die rege Teilnahme an der Fachkräfteveranstaltung im Sitzungssaal der Verbandsgemeinde Hachenburg (v.l.n.r.): Marco Dörner (Verbandsgemeinde Hachenburg), Peter Klöckner (Partnerschaftsverein Rheinland-Pfalz/Ruanda e. V.), Michael Gulden (Karl Georg GmbH), Ann-Kathrin Maaß (HwK Koblenz), Mario Bender (Karl Georg GmbH), Reiner Rudolphi ("zubee"), Lars Kober (Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen).
Foto: Fotostudio Röder-Moldenhauer