ALTENKIRCHEN. Was haben Nachhaltigkeit und Unternehmensfinanzierung miteinander zu tun? „Mehr als man denkt“, lautet die Antwort, weshalb die Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen und die Sparkasse Westerwald-Sieg kürzlich die Vertreterinnen und Vertreter heimischer Betriebe zu einer Info-Veranstaltung ins Hotel „Glockenspitze“ nach Altenkirchen einluden. Andreas Görg, Vorstandsmitglied der Sparkasse, und Lars Kober, Leiter der Wirtschaftsförderung, konnten rund 45 Gäste aus den unterschiedlichsten Branchen begrüßen.
Kleine und mittelständische Unternehmen sind – im Unterschied zu großen Unternehmen - derzeit (noch) nicht verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht abzugeben, wie ihn die EU fordert. Sie können aber durch die Belieferung berichtspflichtiger Unternehmen indirekt betroffen sein. Außerdem wird künftig die Erfüllung von Nachhaltigkeits-Kriterien (ESG-Scoring) auch immer stärker in das Finanzrating integriert werden. Die Bonität eines Unternehmens und damit die Möglichkeit, Fremdkapital zu erhalten, wird dann nicht mehr nur anhand seines Finanzstatus bewertet, sondern auch anhand der Erfüllung der Nachhaltigkeits-Kriterien.
„Mit Nachhaltigkeit ist nicht nur der ökologische, sondern auch der soziale und der wirtschaftliche Aspekt gemeint“, erklärte Nachhaltigkeitsmanager Bastian Börsch, der mit seinem Vortrag den Auftakt machte. Bastian Börsch ist Geschäftsführer und Mitgründer der 432Hz GmbH in Koblenz, die auf die Beratung von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit spezialisiert ist.
Die drei Aspekte der Nachhaltigkeit finden sich in der Abkürzung ESG wieder. Diese steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (rechtlicher Ordnungsrahmen). Soziale Nachhaltigkeit beschreibt z.B., wie Betriebe im Hinblick auf Chancengleichheit, Menschenrechte, Diversität sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufgestellt sind. Ökologische Nachhaltigkeit erkennt man beispielsweise an einer effizienten Produktionsplanung, am Einsatz energiesparender Maschinen oder an langen Produktlebenszyklen. Ein bewusster Umgang mit Wärme, Energie und Ressourcen ist ein entscheidender Kostenfaktor, insbesondere vor dem Hintergrund dauerhaft hoher Strompreise. Die ökonomische Nachhaltigkeit bestimmt sich in einer ethischen Unternehmensführung. Relevant sind Aspekte wie die Geschäftsethik und Korruptionsbekämpfung oder der Umgang mit Lieferanten, Wettbewerbern und Kunden.
„Ab 2025 sind Betriebe mit über 250 Mitarbeitern, einem Umsatz von über 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von über 25 Millionen Euro verpflichtet, einen Bericht zu erstellen, wenn zwei von drei Kriterien auf sie zutreffen“, stellte Bastian Börsch klar. Der Nachhaltigkeitsbericht stehe heute auf der gleichen Stufe wie der finanzielle Lagebericht und werde vom Wirtschaftsprüfer geprüft, der gegebenenfalls einen Versagensvermerk erstellt. „Dadurch kann es für ein Unternehmen schwierig werden, Fremdkapital zu erhalten“, so der Nachhaltigkeitsmanager. Er riet dazu, auch dann schon die relevanten Nachhaltigkeitskennzahlen zu dokumentieren, wenn man (noch) nicht betroffen sei. Für die Umsetzung sei ein Budget- und auch ein Zeitplan empfehlenswert mit der Festlegung, welche zeitliche Kapazität dem zuständigen Mitarbeiter für das Thema zur Verfügung gestellt wird. „Außerdem bringt es nichts, wenn man die Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien „schönredet“. Vielmehr solle man von Anfang an ehrlich mit dem Thema umgehen, da man letztlich ohnehin die Fakten offenlegen müsse. „Das Thema Nachhaltigkeit wird man nie endgültig abschließen, und es wird die Unternehmen künftig immer begleiten“, sagte der Referent aus Koblenz.
„Nachhaltigkeitsbericht und Unternehmensfinanzierung“ standen im Fokus der gemeinsamen Veranstaltung von Wirtschaftsförderung und Sparkasse. Auf dem Foto von links nach rechts: Lars Kober (Wirtschaftsförderung), Markus Feller (S-Management Services GmbH), Timo Gensel (Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz), Bastian Börsch (432Hz GmbH) und Andreas Görg (Sparkasse Westerwald-Sieg).
Foto: Iris Scharenberg-Henrich/ Kreisverwaltung
Anschließend stellte Markus Feller von der S-Management Services GmbH aus Stuttgart das softwaregestützte Nachhaltigkeitsmanagementtool „nawisio“ vor, das Unternehmen von der Strategieentwicklung über die Umsetzung nachhaltiger Unternehmenspraktiken bis hin zur effektiven Berichterstattung unterstützt. Diese All-in-One-Lösung (mit verschiedenen Modulen) ermöglicht es Unternehmen, sich gezielt auf die vielfältigen Anforderungen des Nachhaltigkeitsmanagements zu konzentrieren. Die Software ist zertifiziert nach dem Prüfungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer.
Abschließend erläuterte Timo Gensel (Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz, Referat Ressourceneffizienz), wie Unternehmen Energie und Ressourcen sparen können. Die Nutzung von Abwärme war nur eines von mehreren Beispielen, die er benannte. Der Referent aus Mainz stellte das Förderprogramm EffCheck vor, mit dem rheinland-pfälzische Unternehmen unabhängig von ihrer Größe und Branche die Möglichkeit erhalten, ihre Ressourceneffizienz zu optimieren und damit Kosten zu senken. Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt für jeden EffCheck 80 % der Beratungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 8.000 €. Timo Gensel berichtete von Unternehmen, die mit Hilfe des Effchecks schon erfolgreich Ressourcen in hohem Umfang und damit Kosten eingespart haben. Ein Thema, das wohl in Zukunft immer wichtiger werde, wie Lars Kober abschließend festhielt.